

Occupational Punk Vol 3:
Die alltägliche Odyssee
Die Notwendigkeit eines transformativen Wandels im Gesundheitswesen und in der Gesellschaft ist angesichts diverser sozialer, ökologischer und gesundheitlicher Krisen überdeutlich. Mit diesem Aufruf für Occupational Punk Vol. 3 laden wir Studierende, Praktiker*innen, Lehrende, Forschende sowie Repräsentant*innen der Ergotherapie, aber auch politische Entscheidungsträger*innen und Klient*innen aus der ganzen Welt ein, uns visionäre fiktionale Geschichten zu schicken: Geschichten, die zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Zukunft angesiedelt sind und in denen die Arbeit im Gesundheits- und Sozialwesen bewusst darauf ausgerichtet ist, auf soziale und ökologische Herausforderungen zu reagieren und Menschen darin zu unterstützen gemeinsam gesund zu leben.
Zu einer solchen Zukunftsvision gehören auch Ideen, wie die Ergotherapie ein harmonisches Alltagsleben in unseren vielfältigen Communities– die auch das Zusammenleben mit anderen Lebewesen umfassen – fördern könnte und wie wir unsere alltägliche Odysseen, d.h. unsere mit vielen Hindernissen verbundenen, einem Abenteuer gleichenden Wege, aus einer Perspektive der Möglichkeiten und des Wandels begreifen könnten. Es geht darum, neue Ideen zu entwickeln, wie wir unsere alltägliche Odyssee inmitten rasanter gesellschaftlicher, ökologischer und technologischer Umwälzungen bewältigen können und transformative Arten der Nutzung von Raum und Zeit zu erkunden.
Ein wenig mehr über Healthpunk
Aus einem Public-Health-Einführungsmodul im ersten Jahr des Bachelor-Studiengangs Physiotherapie an der UiT The Arctic University of Norway entstand Healthpunk als ein Ansatz, um sich verschiedene Zukunftsszenarien für eine sozial und ökologisch verantwortungsvollere Gesundheitsversorgung vorzustellen. Eine Sammlung von Geschichten der ersten Studierendengruppe wurde zweisprachig in Physiopunk Vol. 1 zusammen mit einer Einleitung der Herausgeber*innen und einer Reihe von mehrsprachigen Kommentaren veröffentlicht. Ein Jahr später folgte die Veröffentlichung von Healthpunk Vol. 2, in der Angehörige von Gesundheitsberufen und Studierende aus der ganzen Welt aufgefordert wurden, ihre Visionen für die zukünftige Gesundheit und Versorgung beizusteuern.
Diese Form von Schreibexperiment sollte Healthpunk als neues Genre und möglicherweise Methodik in der transformativen Gesundheitsforschung und
-ausbildung etablieren. In Anlehnung an die philosophischen Ansätze und Genres, die im Bereich der spekulativen Belletristik und verschiedener internationaler Futurismen kursieren, soll Healthpunk als Genre helfen, hoffnungsvolle und radikal neue Möglichkeiten für das künftige Gesundheits- und Sozialwesen jenseits von isolierten Berufen bzw. Professionen, klinischen Kontexten und Praxisbereichen zu entwerfen. Healthpunk ist eine Einladung, sich von etablierten Konventionen zu lösen und sich ein anderes Gesundheits- und Sozialwesen vorzustellen die von Kreativität und echter Fürsorge für jede*n und alles, mit dem wir diesen Planeten teilen, erfüllt ist.
Um auf die vielfältigen sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Heraus-forderungen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft angemessen reagieren zu können, brauchen wir viele verschiedene Visionen, die gemeinsam, an vielen verschiedenen Orten und in vielen verschiedenen Sprachen, entwickelt und kommuniziert werden. Aus diesem Grund geht es Healthpunk nicht um eine vereinheitlichende „Meistererzählung“, sondern um die Diversifizierung der Zukunft des Gesundheits- und Sozialwesens; nicht um die Förderung einer Zukunft, die auf westlichen kolonialen Vorstellungen von Fortschritt oder Entwicklung basiert, sondern um pluriversale Vorstellungen. Healthpunk-Geschichten sollten nicht darauf abzielen, Erzählungen für einen bestimmten globalen Gesundheitsberuf zu präsentieren, sondern Geschichten für – und idealerweise mit – betroffenen lokalen sozialen und ökologischen Communities. Dabei sollen sowohl lokale als auch globale Probleme berücksichtigt werden, die Auswirkungen auf Gesundheit haben.
Angesichts fortschreitender globaler Umweltveränderungen ist Healthpunk vom Genre des Hopepunk inspiriert. Dort steht „Hope“ (Hoffnung) für die Erkenntnis, dass der fortschreitende globale ökologische Wandel zu einigen unerwünschten Veränderungen führen wird, dass aber das Streben nach besseren Wegen in die Zukunft dennoch seine Berechtigung hat, während „Punk“ darauf hinweist, dass etwas anderes gebraucht wird als der aktuelle Status quo.
Bei global relevanten Themen wie Umweltveränderungen sollten deshalb weitere Aspekte beim Erzählen von Healthpunk-Geschichten berücksichtigt werden: soziale und ökologische Herausforderungen, die sich auf die Gesundheit der Menschen und des Planeten auswirken, technologische und digitale Disruptionen, die Notwendigkeit, neue Wege zu finden, um mit allen nicht-menschlichen Lebensformen, die unsere Welt teilen, zu koexistieren und sich an Gesundheit zu erfreuen, sich verändernde demographische Entwicklungen, eine sich verändernde Gesundheitsökonomie, sich verändernde Berufslandschaften sowie die zentrale Bedeutung von indigenem Wissen und traditionellen Lebensweisen, um sich eine bessere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vorzustellen.
Wir freuen uns darauf, alle eingereichten Geschichten zu lesen und gemeinsam das Gesundheits- und Sozialwesen der Zukunft zu entwerfen.
Das Herausgeber*innenteam von Occupational Punk Vol 3